Nach unseren entspannten Tagen an der Atlantikküste fahren wir am Montag, den 19. Mai von Sidi Kaouki nach Marrakesch, wo wir wieder den großen Campingplatz Relais de Marrakech nutzen. Die Fahrt ist recht eintönig, wird aber in der Nähe der Stadt bei zunehmend chaotischem Verkehr immer anspruchsvoller.
Von der schönen Anlage des Campingplatzes lassen wir uns am Dienstagmorgen mit einem Shuttle zum Jemaa el Fna, dem zentralen Platz der Medina von Marrakesch, bringen. Es ist zwar auch jetzt am Vormittag schon einiges los, doch kommen die Schlangenbeschwörer und Feuerschlucker erst viel später zum Einbruch der Dunkelheit. Vom Jemaa el Fna suchen wir uns den Weg durch die vielfältigen Souks von Marrakesch, die im Vergleich zu den anderen Märkten, die wir bisher auf unserer Reise besucht haben, eindeutig auf die Bedürfnisse und Erwartungen von Touristen ausgerichtet sind. Im Souk Semmarine gibt es eine nicht enden wollende Auswahl an Textilien, Teppichen und Kunsthandwerk, die oft nichts mit Marrakesch zu tun haben, aber immer wieder gerne als Souvenir gekauft werden. Tief im Labyrinth der Gassen spricht uns ein Einheimischer an und empfiehlt uns ins Gerberviertel zu gehen, dort würden heute die Berber aus dem Atlasgebirge ihre Felle bearbeiten. Zum einen würden die Häute mit rein natürlichen Mitteln zu weichem Leder verarbeitet, zum anderen würden aber auch die Tierhaare, die bei der Lederherstellung anfallen, gesammelt und später zu Wolle gesponnen. Das klingt erst einmal interessant, wir lassen uns den Weg beschreiben und machen uns auf die Suche. Eigentlich sollte es immer geradeaus durch den Souk Jeld gehen, dann links, dann rechts und schon sollten wir da sein. Wir kommen durch enge Gassen, in denen durch viele Mopeds und Eselskarren das reine Chaos herrscht, sind aber irgendwann nicht mehr sicher, auf dem richtigen Weg zu sein. Zufällig treffen wir unterwegs den netten Typen von vorher wieder, worauf er sich sein Moped schnappt und es vor uns her schiebt, wir müssten ihm nur folgen. Auch jetzt geht es noch ziemlich lange weiter bis wir endlich im Dar Dbagh, dem sehr ursprünglichen Gerberviertel von Marrakesch ankommen, wo sich der junge Mann freundlich von uns verabschiedet. Vorher begrüßt er mit uns einen Führer, der uns nun die Gerberei und die Färberei zeigt. Was für ein Unterschied zu Fes, wo die Betriebe ordentlich und aufgeräumt wirken, sogar eine Aussichtsplattform für die Besucher bieten, während wir hier mitten durch ein anscheinend kunterbuntes Gemisch verschiedener Bäder und Bearbeitungsstationen tapsen. Nichts ist für Touristen aufgehübscht oder inszeniert, wir erleben hautnah, mit welch einfachen Mitteln und schwerer Arbeit die Berber ihre feinen Leder herstellen. Selbstverständlich werden wir im Anschluss an die Besichtigung in ein Geschäft mit Lederwaren aus eigener Produktion geführt, es wird aber ohne weiteres akzeptiert, dass wir nichts kaufen möchten. Nun müssen wir nur noch zurückfinden. Mehrmals verlieren wir beinahe die Orientierung, werden aber immer wieder von freundlichen Einheimischen in die richtige Richtung geschickt, sodass wir am Ende tatsächlich den Jemaa el Fna erreichen. Da wir inzwischen hungrig sind, wollen wir am liebsten wieder in das Restaurant Dar Cherifa, das wir von unserem letzten Besuch in bester Erinnerung haben. Erst versuchen wir, den Weg vom Jemaa el Fna dorthin aus dem Gedächtnis wieder zu finden, erkennen aber überhaupt nichts, was uns bekannt vorkommt und nutzen am Ende doch Google Maps, das uns zuverlässig durch die engen Gassen führt. Das Dar Cherifa befindet sich im ältesten Gebäude der Medina von Marrakesch und bietet in seinem wunderschönen Innenhof eine Stimmung wie aus 1001 Nacht. Das sehr leckere Essen, heute gibt es eine Berbersuppe, Ssfa a la Poulette und eine Pastilla mit Hühnchen, macht unseren Besuch hier wieder zu etwas ganz Besonderem. Nach dem tollen Mittagessen erkunden wir noch ein wenig den modernen Teil von Marrakesch, wo es grüne Parkanlagen und exklusive Kaufhäuser gibt, wie in fast jeder anderen Millionenstadt der Welt. Bei Starbucks erstehen wir weitere Tassen für unsere Sammlung und lassen uns dann von einem kleinen Taxi wieder zurück zum Campingplatz fahren.
Am Abend checken wir, welche Route uns in den verbleibenden zwei Wochen am besten in Richtung Tanger bringt und entscheiden uns dafür, noch einmal an den Atlantik zu fahren und damit der Hitze südlich des Großen Atlas zu entgehen. Dort sollen die Temperaturen nämlich bald in Richtung 40°C ansteigen. So kommt es, dass wir am Mittwoch, den 21. Mai wieder in die Region Essaouira fahren, wo wir knapp fünfzig Kilometer nördlich der Stadt auf dem kleinen Camp Mogador's Oasis sehr nahe am Strand einen schönen Platz finden. Hier machen wir lange Spaziergänge auf dem flachen Sandstrand, der bei Ebbe mehrere hundert Meter breit ist, während das Wasser bei Flut bis an die zerklüfteten Felsen brandet und ein Durchkommen nur erlaubt, wenn wir bereit sind, ordentlich nass zu werden. Dabei haben wir richtig viel Spaß. Am Freitag genießen wir eine sehr leckere Chicken Lemon Tajine, die im Wohnmobil serviert wird und fahren am Samstag fast immer der Küste entlang weiter nach Norden bis kurz hinter Oualidia.
Dort verlässt uns das Navi, das die kleinen Staubwege zum Campingplatz nicht kennt und behauptet einfach auf der Hauptstraße, wir hätten unser Ziel erreicht. Zum Glück gibt es Google Maps, das uns auch hier zuverlässig weiterhilft. Mrizika Beach ist ein sehr kleiner, sehr einfacher Campingplatz, der direkt an einer zwanzig Meter hohen, goldfarbenen Sanddüne liegt, hinter der der Atlantik an den endlosen Strand brandet.
Wir genießen zwei Tage lang die traumhafte Lage und den wunderschönen Strand, bevor wir am Montag vorbei an Casablanca und Rabat so langsam wieder in Richtung Fes fahren. Für diese Etappe wählen wir die Autobahn, die zwar einige Dirham Maut kostet, dafür kommen wir schnell und entspannt voran. Ein großer Teil der Strecke führt durch intensiv landwirtschaftlich genutzte Flächen ohne besondere Sehenswürdigkeiten. In der Nähe der Stadt Tiflet unterbrechen wir die Fahrt am Weingut Hacienda des Cigognes, wo wir ein paar Flaschen Rosé und Rotwein kaufen. Zum Abendessen gibt es im Gutshaus ein sehr leckeres 3-Gänge-Menü, das wir zusammen mit einem englischen Paar genießen, das ebenfalls mit dem Wohnmobil durch Marokko reist. Nach einem sehr feinen marokkanischen Salat serviert die Hausherrin eine sehr gut gewürzte Hähnchentajine und zum Abschluss einen großen gemischten Obstteller. Eine Flasche des hauseigenen Roséwein rundet den gelungenen Abend ab.
Inzwischen sind wir wieder in Fes angekommen, wo wir einige Tage bleiben werden und uns auf die Heimreise vorbereiten. Natürlich wollen wir auch in die alte Medina der Stadt, die wir dieses Mal ohne einen Guide erkunden möchten. Das wird bei den vorhergesagten 36°C bestimmt ein eindrucksvolles Erlebnis.
Kommentar schreiben