Mit dem Vagabund durch das Baltikum - Inhalt |
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Wir fahren auf der meist gut ausgebauten E77 fast siebzig Kilometer geradeaus in Richtung Osten, bis wir etwa zwanzig Kilometer vor der russischen Grenze nach Norden abbiegen und durch eine wunderschöne Landschaft in Estland ankommen. Bald erreichen wir unseren Stellplatz bei der kleinen Ortschaft Rõuge, wo wir in traumhafter Lage oberhalb der Seen gleich neben einem tollen Aussichtsturm in Form eines Vogelnestes unterkommen. Der Platz ist herausragend gepflegt und bietet neben den Wohnmobilplätzen mehrere Ferienhäuser, die im Augenblick alle ungenutzt sind. Hier lassen wir es uns einige Tage mit frisch gebackenem Brot aus dem Omnia Backofen und bei Wanderungen um die sieben Seen des Ortes richtig gutgehen.
In der Nacht auf Freitag, den 4. Oktober regnet es in Rouge nur ein einziges Mal, hört aber glücklicherweise pünktlich um 9:00 Uhr auf, sodass wir ohne nass zu werden abbauen, die Abwassertanks leeren und frisches Wasser bunkern können. Wir fahren durch riesige Wälder nach Tartu, der zweitgrößten Stadt Estlands, wo wir am Yachthafen als einziges Wohnmobil Platz finden. Am Freitag und Samstag erkunden wir die überschaubare Altstadt, um die herum an diesen Tagen ein großer Volksmarathon stattfindet. Mehrere tausend Läufer nehmen die unterschiedlich langen Strecken unter die Füße und werden unterwegs von ihren Fans angefeuert. In einem netten Café am Ende der Fußgängerzone entdecken wir hervorragende Mohnschnecken und Nussschnecken, die vor den Augen der Gäste frisch gebacken werden. Später finden wir trotz aller Schwierigkeiten mit der estnischen Sprache in einem großen Kaufhaus einen Wollladen, in dem sich Andrea für das nächste Projekt mit Garn und der passenden Nadel versorgt. Interessanterweise spricht die Verkäuferin sogar ein gutes Deutsch, was die Verständigung im Geschäft natürlich sehr einfach macht. Allgemein werden wir in Tartu auffallend oft auf deutsch angesprochen, man spürt deutlich, dass wir uns in der wichtigsten Universitätsstadt des Landes befinden.
Nach den lebhaften Tagen in Tartu fahren wir die letzten verbleibenden knapp fünfzig Kilometer weiter nach Osten bis zum Ufer des Peipussees. Durch diesen See, der etwa sieben mal so groß ist wie der Bodensee, verläuft die Grenze zu Russland, in diese Richtung geht es für uns im Moment deswegen nicht mehr weiter. Einige hundert Meter vom See entfernt finden wir im winzigen Örtchen Nina einen sehr gepflegten und gut ausgestatteten privaten Campingplatz, auf dem wir wieder einmal die einzigen Gäste sind. Über einige Tage mit mal sonnigem, mal wolkigem Wetter sehen wir hier keinen Menschen, selbst die Betreiber verhalten sich so zurückhaltend, dass wir nichts von ihnen mitbekommen. Außer ein paar Wanderungen am Ufer des Peipussees gibt es hier nicht viel zu tun, sodass wir die Zeit ganz entspannt mit Leckereien aus der Bordküche, mit Handarbeiten und mit der Dokumentation und Planung unserer Reise verbringen können. Erst am Mittwoch zieht ein heftiger Sturm über uns hinweg, der nur wenige Meter vom Wohnmobil eine ausgewachsene Birke umwirft. Wir helfen den Betreibern, die Zufahrt wieder frei zu legen und den Zaun notdürftig zu reparieren, stellen uns danach aber lieber ein Stückchen weiter weg von den Bäumen, um nicht auch noch getroffen zu werden. Zum Glück lässt der Sturm im Laufe der Nacht nach, ohne dass weitere Bäume gefällt werden. Eigentlich wollten wir am Donnerstag weiterfahren, doch jetzt ist mal wieder der Spannstift an unserer elektrischen Trittstufe abgebrochen und muss ersetzt werden. Das machen wir am besten erst nachdem es aufgehört hat zu regnen. Da wir die Reparatur jetzt schon zum dritten Mal durchführen müssen, ist die Angelegenheit zwar in einer halben Stunde erledigt, macht aber nach wie vor keinen Spaß. Von PhoeniX hätten wir da schon gerne eine robustere Lösung gesehen.
Am Freitagvormittag ist alles wieder gut, der Regen verzieht sich langsam aber sicher und wir fahren zunächst zum nur wenige Kilometer vom Peipussee entfernten Schloss Alatskivi, das dem schottischen Balmoral Castle nachempfunden wurde.
Ein paar wenige Fotos des Gebäudes aus dem durchaus netten Park reichen uns, sodass wir uns schon bald auf den Weg zum Nordufer des Peipussees machen. Dort finden wir einen tief im Wald versteckten Naturcampingplatz der estnischen Forstverwaltung RMK, an dem mehrere Grillstellen und Sitzgelegenheiten für Besucher bereitstehen. Heute sind wir die einzigen, die diesen verwunschenen Ort genießen, doch in der Saison ist hier bestimmt ein ziemlich lebhafter Betrieb. Vom Wald sind es nur wenige Schritte über einige Dünen zum Ufer des Sees, an dem sich ein endloser Sandstrand entlang zieht.
Nach einer Wanderung am Strand des Peipussee fahren wir noch weiter Richtung Osten, bis wir im Dorf Vasknarva am Ufer der Narva stehen, dem einzigen Abfluss aus dem Peipussee. Hier müssen wir nun endgültig umdrehen, denn am anderen Ufer des Flusses liegt Russland und selbst wenn wir das wollten, so kämen wir hier nicht mehr weiter. Die nächste Brücke liegt mehr als fünfzig Kilometer von hier entfernt. Wir machen einige Fotos vom gegenüberliegenden russischen Dorf, wo ein Schnellboot des russischen Grenzschutzes auf der Lauer liegt, und verlassen diesen nicht besonders einladenden Ort auch bald wieder.
Unsere letzte Etappe für heute führt zu einem Parkplatz am Selisoo Moor, den wir über eine lange unbefestigte Straße erreichen. Hier gibt es sehr wenig Platz im dichten Wald, da wir aber wieder einmal die einzigen sind, ist das natürlich kein Thema. Wir machen noch einen Spaziergang, um uns zu orientieren und am nächsten Morgen den Zugang zum Moor zu finden und verbringen dann eine absolut ruhige Nacht, in der wir nur hin und wieder einige Tiere hören.
Am Samstagvormittag herrscht ein strahlender Sonnenschein und wir machen uns gut gelaunt auf den Weg. Über gut präparierte Bohlen kommen wir tief in das Hochmoor, auf dessen moosigem Boden auffallend viele Bäume wachsen. Der weiche Boden neben dem Weg ist meist gut begehbar, federt aber doch stark und wir haben immer das Gefühl, im nächsten Moment einsinken zu können. Nach einer knappen Stunde erreichen wir das Ende des befestigten Weges, von hier geht es nur noch auf einem mehr oder weniger nassen Moospfad weiter. An der Stelle beschließen wir umzukehren und wandern den bisherigen Weg wieder zurück.
Vom Selisoo Moor sind es danach wieder nur etwa zwanzig Kilometer bis zum Kloster Kuremäe, dem größten orthodoxen Kloster im Baltikum. Dort besichtigen wir das Kloster mit seinen insgesamt sieben Kirchen und sehr gepflegten Gartenanlagen, auch hier sind neben uns nur wenige weitere Besucher unterwegs.
In der anschließenden Nacht, die wir auf dem Parkplatz des Klosters verbringen, wird es richtig kalt, am Morgen sind die Wiesen um uns herum von eisigem Reif überzogen. Als wir am Sonntag vom Kloster Kuremäe weiterfahren, profitieren wir einmal mehr von den sehr kundenfreundlichen Ladenöffnungszeiten in Estland und füllen unsere Vorräte in einem großen Supermarkt in der Stadt Jöhvi. Von Jöhvi ist es nicht mehr weit bis zum Valaste juga, dem höchsten Wasserfall in Estland. Dort stürzt das Wasser über eine dreißig Meter hohe senkrechte Klippe und fließt vom unteren Ende noch etwa fünfzig Meter durch dichten Wald in die Ostsee. Nun klingt das viel spektakulärer als es heute ist. Ein schwaches Rinnsal tröpfelt über den Fels, sodass wir schon einiges an Phantasie brauchen, um uns einen tosenden Wasserfall vorzustellen. Die kurze Wanderung über gut befestigte Treppen hinunter zum Strand ist trotzdem lohnend und wir sind erneut begeistert, so viele gut angelegte Wanderwege in diesem Land zu finden.
Jetzt geht es weiter entlang der Küste zum Lahemaa Nationalpark. Im winzigen Örtchen Vergi liegt am Ende einer schmalen Landzunge an einem kleinen Hafen das Restaurant Wirkes. Die freundliche Wirtin erlaubt es Wohnmobilen auf dem Parkplatz zu übernachten und bietet bei Bedarf sogar einen Stromanschluss an. Den brauchen wir nicht und stehen hier mit prächtiger Aussicht auf das Wasser in alle Richtungen. Am Abend gibt es im Restaurant ein äußerst leckeres Menü mit lokalen Spezialitäten.
Am Montagvormittag fahren wir nach Loksa zum Lahemaa Campingplatz, auf dem wir die nächsten zwei Tage mit vorhergesagtem bedecktem Himmel und Regenwetter verbringen wollen. Bei unserer Ankunft ist niemand da und das Tor ist geschlossen. Wir rufen die angegebene Nummer an und werden vom freundlichen Betreiber eingeladen, das Tor selbst zu öffnen und uns einen Platz auszusuchen. Die sanitären Einrichtungen sind hervorragend, vor allem weil wir mal wieder die einzigen sind, die sie benutzen, und auch sonst gibt es alles, was der Camper und sein Wohnmobil brauchen. Am langen Sandstrand liegt in einigen hundert Metern Entfernung ein hölzernes Schiffswrack, das seinem Zustand nach schon vor vielen Jahren hier auf Land gelaufen sein muss. Im Ort Loksa, den wir nach einem weiteren Kilometer Fußmarsch erreichen, gibt es nichts nennenswertes zu sehen, sodass wir außer ein paar Spaziergängen hier nichts Größeres unternehmen.
Bei strahlendem Sonnenschein fahren wir am Mittwoch zum etwas südlich gelegenen Viru Moor, durch das wir eine knapp zweistündige Wanderung unternehmen. Auch hier sind die Wege wieder hervorragend gepflegt und führen über weite Strecken auf Holzbohlen durch das Moor.
Vom Viru Moor geht es direkt zum Kap Purekkari, das den nördlichsten Punkt des estnischen Festlands markiert. Hier stehen wir einsam an der Ostsee und haben heute Nachmittag einen starken Westwind, der uns bei einem Spaziergang kräftig durchschüttelt und ordentlich auskühlt. Kurz vor Sonnenuntergang kommen drei Einheimische und surfen spektakulär mit ihren Kites durch die Bucht. Wir staunen nicht schlecht über die Höhe und Weite ihrer Sprünge, offensichtlich machen die drei das nicht zum ersten Mal. Erst bei völliger Dunkelheit haben sie genug und kommen wieder an Land. Danach gehört diese wunderschöne Stelle uns wieder ganz allein.
Es kommt uns sehr gelegen, dass die Sonne inzwischen recht spät aufgeht und auch danach noch ziemlich lange braucht, um eine gewisse Höhe zu erreichen. So macht es gar nichts aus, erst um 9:00 Uhr aufzustehen und nach dem Frühstück um 11:00 loszufahren. Bis zur Hara Halbinsel ist es nicht weit, sodass wir gegen halb zwölf mit unserer geplanten Wanderung starten. Diese haben wir in der wirklich guten RMK App entdeckt, die von der estnischen Forstverwaltung herausgegeben wird. In dieser App sind unzählige Wanderwege und Camps zu finden, die von RMK organisiert und gepflegt werden. Auch während der Wanderung unterstützt die App hervorragend bei der Navigation. Heute geht es durch weitgehend unberührten Urwald, teilweise durch Moorflächen, über eine langgezogene, mit Moosen und Bäumen bewachsene Sanddüne durch die einsame Landschaft. Wir kommen zum drittgrößten Felsbrocken des Landes, der mit einer Höhe von sieben Metern ganz schön beeindruckt, und zu einem Aussichtsturm, von dem wir einen tollen Blick über die gesamte Halbinsel haben.
Kurz nach 14:00 Uhr sind wir zurück beim Vagabund und fahren zunächst entlang der Küste, später auf einer der wenigen Autobahnen Estlands nach Tallinn, wo wir uns am südwestlichen Stadtrand einen Campingplatz für die nächsten Tage ausgesucht haben. Auch hier kontaktieren wir den Betreiber telefonisch und können uns anschließend irgendwo auf dem grünen Gelände platzieren. Wir stellen uns ganz nah an die Rezeption, wo wir gerade noch ausreichend starkes WLAN-Signal haben. Auch hier in direkter Nähe zur Hauptstadt tun sich unsere beiden Smartphones etwas schwer, ein geeignetes Netz zu finden.
Vom Campingplatz kommen wir zu Fuß in weniger als zehn Minuten zum Bahnhof Padula, von dem aus etwa stündlich ein Zug ins Zentrum von Tallinn fährt. Am Freitag und Samstag wandern wir durch die sehenswerte Altstadt mit ihrer gut erhaltenen Stadtmauer und vielen Türmen, die ihre charakteristische Silhouette prägen. Hier in Tallinn sehen wir nach längerer Zeit wieder recht viele Touristen aus aller Welt, die die zahlreichen Restaurants und Souvenirgeschäfte der Stadt bevölkern.
Ein besonderes Erlebnis in Tallinn ist der Besuch im ehemaligen Gefängnis des KGB, in dem einige Verhör- und Haftzellen zu sehen sind. Auf vielen Schautafeln ist die immer sehr bedrückende Geschichte von Betroffenen erklärt, unglaublich, wozu Menschen fähig sind.
Bei unserem zweiten Besuch der Stadt nutzen wir die Gelegenheit, einen der Türme der Stadtmauer zu besteigen und von dort oben ein ganzes Stück auf der Mauer entlang zu gehen. Von hier haben wir einen ganz besonderen Blick über die Altstadt.
Bevor wir am Nachmittag wieder zurück fahren, besuchen wir noch die Markthallen gleich neben dem Bahnhof von Tallinn. Hier gibt es von Lebensmitteln über Bekleidung alles, was irgendjemand irgendwann einmal brauchen kann, selbst ein ausgedehnter Bereich mit Antiquitäten und allerlei Flohmarktartikeln fehlt nicht. Daneben finden wir in und um die Halle ein großes gastronomisches Angebot mit kreativen Bars und Imbissständen aus aller Welt. Wir essen usbekische Suppe und Nudeln, die zu unserer Überraschung sehr an schwäbische Spätzle erinnern, nur dass sie völlig anders gewürzt sind.
Von Tallinn aus fahren wir am Sonntag, den 20. Oktober wieder in die ungestörte Natur, wo wir am RMK Stellplatz Lepaaugu lõkkekoht einsam zwischen einem Moorsee und dem langen Strand der Ostsee stehen. Hier machen wir ausgedehnte Spaziergänge und verwöhnen uns mit köstlichen Leckereien aus der Bordküche.
Nach zwei Tagen am Strand sind es nur vier Kilometer bis zum winzigen Örtchen Nõva, wo der Deutsche Michael seit einigen Jahren eine kleine Ferienanlage mit Stellplätzen für Wohnmobile betreibt. Mit ihm unternehmen wir am Donnerstag einen Ausflug in die nahe liegende Sumpflandschaft, wo sich Moore und Seen zwischen großen Sanddünen erstrecken. Michael erklärt uns einiges Wissenswertes zu den Mooren und findet Moose und Spuren, die wir ohne ihn sicher übersehen hätten, darunter auch die Abdrücke eines Wolfes. Er beschreibt uns den Rückweg durch die Wälder, sodass wir die acht Kilometer zurück zum Stellplatz alleine finden. Als wir dort ankommen, hat Michael bereits die Sauna vorbereitet, wir müssen nur noch das Feuer anzünden und verbringen den späten Nachmittag schwitzend im rustikalen Saunafass.
Am Freitag geht es weiter nach Peraküla, einem weiteren RMK Stellplatz, den wir über eine kilometerlange Pflasterstraße aus dem Ersten Weltkrieg erreichen. Wir haben es fast geahnt, dort befinden sich heute schon einige Einheimische, die das Wochenende am Ostseestrand mit Angeln verbringen wollen. Und ständig kommen weitere hinzu, sodass der Stellplatz über Nacht fast zur Hälfte belegt ist, so viele haben wir außerhalb der Städte schon lange nicht mehr gesehen. Vorne am Strand reihen sich die Angler über hunderte von Metern und versuchen, diese Bucht der Ostsee leer zu fischen.
Weil hier dann doch für uns ungewohnter Betrieb herrscht, fahren wir schon am nächsten Vormittag in die nächste Stadt nach Haapsalu, wo wir nach dem Auffüllen unserer Vorräte auf dem kleinen privaten Campingplatz Pikseke unterkommen. Den Sonntag verbringen wir bei zwar wolkigem, aber immerhin mildem Wetter mit der Erkundung von Haapsalu. Wir marschieren zum stillgelegten Bahnhof, der zur Zeit der Zaren gebaut wurde und über den die Gäste in die damals sehr beliebte Kurstadt reisen konnten. Damit die erlauchten Herrschaften beim Ein- und Aussteigen gut geschützt sind, wurde der mit 216 Metern zu seiner Zeit längste überdachte Bahnsteig erbaut, der heute gerne für historische Filmaufnahmen genutzt wird. Auch wir fotografieren begeistert die alten Bahnanlagen und die zahlreichen Lokomotiven, die in unterschiedlichem Zustand auf den Gleisen zu finden sind.
Vom Bahnhof geht's weiter zur Bischofsburg mit der Domkirche, in deren Taufkapelle seit langer Zeit das Gespenst der Weißen Dame spuken soll. Bei unserem Besuch im Museum der Burg sehen wir das Gespenst nicht, erfahren dafür in der sehr liebevoll aufbereiteten Sammlung viel Wissenswertes über die Bischofsburg. Nach einem ausgiebigen und sehr leckeren Essen im rustikal eingerichteten Restaurant Talumehe kõrts wandern wir entlang der netten Promenade wieder zurück zum Campingplatz.
Die Wetteraussichten für die nächsten Tage lassen einiges an Regen und Sturm erwarten, sodass wir uns bei den kommenden Zielen verstärkt nach der kurzfristigen Situation richten werden. So langsam bewegen wir uns ab jetzt in Richtung Lettland, wo wir für den 13. November die Fähre von Liepaja nach Travemünde gebucht haben.
Nach unserem Besuch beim Schlossgespenst von Haapsalu geht es am Montag, den 28. Oktober, wieder hinaus in die weite Natur Estlands. Michael in Nova hat uns den Tipp gegeben, das Marimetsa Moor etwa vierzig Kilometer östlich von Haapsalu zu erkunden. Dort stehen wir auf einem gut geschützten Waldparkplatz des RMK, von dem aus der bezeichnete Lehrpfad startet. Der führt uns durch Wald und über Wiesen, überquert immer wieder einen kleinen Fluss mit schwarzem Wasser aus dem Moor und mündet nach etwa zweieinhalb Kilometern in einen befestigten Bohlenpfad. Auf dem geht es weitere zwei Kilometer fast immer geradeaus hinaus in eine sumpfige Ebene bis zu einem Aussichtsturm, an dessen Fuß mehrere Moorseen zum Baden einladen. Bei dem starken Wind und gerade einmal acht Grad ist das heute nichts für uns, sodass wir sofort den Turm besteigen und die lohnende Aussicht von oben genießen. Auf dem gleichen Weg kommen wir wieder zurück zum Wohnmobil.
Am Dienstagmorgen fahren wir zur kleinen Ortschaft Puise, die ausgesprochen malerisch auf einer schmalen Landzunge an der Ostsee liegt. Hier stehen wir bei Nina talu auf einer großen Wiese so schön am Meer, dass wir aus unseren Fenstern in drei Richtungen direkt aufs Wasser schauen können. "Nina" bedeutet übrigens "Nase" und "talu" bezeichnet einen Hof oder eine Farm, wir stehen also auf dem Hof an der Landzunge, die wie eine Nase ins Meer ragt.
Am Abend erleben wir einen wunderschönen Sonnenuntergang, der perfekt zur traumhaften Lage des Platzes passt. Nachts und am Mittwoch ist es ziemlich windig, sodass wir einfach nur die tolle Lage genießen. Abends bereitet die Mutter des Hauses ein leckeres Fischgericht mit Gemüse aus eigenem Anbau. Es ist eine so schöne familiäre Atmosphäre, dass wir jetzt schon sicher sind, bald wieder hierher zurückzukommen.
Da für die kommenden Tage sehr stürmisches Wetter vorhergesagt ist, fahren wir schon nach zwei Übernachtungen in Puise weiter nach Pärnu, wo wir außerhalb der Stadt beim Solar Campingpark sicher stehen können. Von hier fahren wir am Samstag mit dem Bus in die Stadt, die nicht allzu viele Sehenswürdigkeiten aufweist. Dafür finden wir ein sehr schönes georgisches Restaurant, wo wir mit ausgesprochen leckeren Lammgerichten und tollen Süßspeisen verwöhnt werden. Nach einem Abstecher in ein modernes Einkaufszentrum, lassen wir uns von einem BOLT Fahrer ganz einfach zurück zum Campingplatz bringen.
Schon am Sonntag fahren wir bei regnerischem Wetter zum Soomaa Nationalpark, in dem wir bei einem kleinen Aussichtsturm mitten in einem großen Moorgebiet sehr einsam stehen können. Außer einigen Rindern gibt es hier weit und breit kein einziges Lebewesen.
Das nasskalte Wetter hält die ganze Nacht an, wird aber am nächsten Vormittag durch strahlenden Sonnenschein abgelöst. Allerdings bleibt es frostig kalt, sodass wir bei unserer Wanderung am nur zehn Kilometer entfernten Riisa Moor aufpassen müssen, um nicht auf den reifbedeckten Holzbohlen auszurutschen. Bei der Wanderung, die auf dieser Reise unsere letzte in Estland sein wird, kommen wir nochmal durch traumhaft schöne Wälder und das ausgedehnte Hochmoor, in dem mehrere funkelnde Seen wie Juwelen in der Sonne glitzern.