Mit dem Vagabund durch Marokko - Inhalt |
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Planung und Anreise | |
Über Rif und Atlas zur Straße der Kasbahs | |
Durch die südlichen Oasen und Westsahara | |
Atlantikküste mit Abstecher nach Marrakesch | |
Es geht in Richtung Heimat |
Themen auf dieser Seite
Von El Ouatia kommen wir am Dienstag zügig über die vierspurige N1 nach Guelmim und von dort weiter, endlich wieder einmal durch eine abwechslungsreiche Landschaft, nach Sidi Ifni an der Atlantikküste. Wir entscheiden uns für den Campingplatz El Barco, auf dem wir schon 2022 gewesen sind. Von hier aus machen wir lange Wanderungen entlang der tollen Küste mit ihren spektakulären roten Klippen und beobachten die Einheimischen, die die Ferien in dieser Woche für einen Badeurlaub nutzen. Am Mittwoch gönnen wir uns ein hervorragendes Abendessen im lokalen Restaurant Nomad, das unter Reisenden für seine besonderen Fischgerichte bekannt ist und das wir ebenfalls schon 2022 lieb gewonnen haben.
Wir überlegen lange, ob wir am kommenden Samstag den berühmten Kamelmarkt in Guelmim besuchen wollen und wo wir am besten in der Nacht davor übernachten. Von vielen Wohnmobilen wird dazu der Parkplatz des Supermarkt Marjane genutzt, wir denken aber, dass es dort bestimmt nicht besonders gemütlich sein wird und fahren stattdessen am Donnerstag zum Stellplatz Touareg, der etwa fünfzehn Kilometer außerhalb von Guelmim in Tighmert liegt und auf dem wir schon vor unserer Runde durch Westsahara übernachtet haben. Am Nachmittag spazieren wir dort durch die lokale Oase, bei der wir das Gefühl haben, die Palmen sollten deutlich mehr Wasser bekommen, so trocken wie die aussehen, doch dazu müsste es eben häufiger regnen.
Für den Freitag haben wir keine Pläne und nehmen gerne einen Vorschlag des liebenswerten Besitzers des Platzes Mohammed an. Am Vormittag lassen wir uns auf der Ladefläche eines kleinen Tuk Tuk über holprige und sandige Pisten immer weiter in die Wüste fahren. Dabei geht es mehrmals ein Stück weit querfeldein, immer dann, wenn der Weg gar zu schlecht wird oder wenn der Sand auf der Piste so tief ist, dass wir dort stecken bleiben würden. Nach fast einer Stunde Fahrt kommen wir am Rand einer kleinen natürlichen Oase zu einer einsamen Palme, unter der eine warme Quelle munter sprudelt. Um die Quelle, die wahrscheinlich bei Bohrungen nach Grundwasser zufällig entdeckt wurde, ist ein kreisrunder Tümpel angelegt und mit Folien so befestigt, dass der Rand nicht so schnell weggeschwemmt wird. Durch den feinen Sand am Grund des Beckens ist das Wasser nicht ganz klar, macht aber insgesamt einen sauberen Eindruck. Wir planschen eine Zeit lang im 40°C warmen Wasser und genießen es, ganz alleine mitten in der Wüste in einem natürlichen Whirlpool zu sitzen. Unser Fahrer hat sich irgendwo in der Oase in den Schatten gesetzt, sodass wir nichts von ihm mitbekommen. Er taucht erst wieder auf, als es an die Rückfahrt geht. Während des Heimwegs sehen wir große bewässerte Plantagen und ein gigantisches Gewächshaus, das geschätzt 150 Hektar oder noch mehr umfasst. Bestimmt wird hier das Gemüse auch für unsere Supermärkte in Europa angebaut. Nachdem wir zurück am Platz sind, dauert es nur etwa eine Stunde, bis uns Mohammed ein leckeres Couscous ans Wohnmobil bringt. Er weigert sich, für das Gericht Geld anzunehmen, das gehört zu seinen selbstverständlichen Aufgaben als Gastgeber.
Der Rest des Freitags bleibt sehr ruhig, dafür werden wir am Samstag um 9:00 Uhr von einem Taxi abgeholt und zum großen Souk Amhayrich in Guelmim gefahren. Dort findet jeden Samstag auf einem riesigen, von Mauern umgebenen Platz ein traditioneller Tiermarkt statt. Hier werden jede Menge Schafe und Ziegen gehandelt, die meist eng zusammengepfercht auf Pickups zum Markt transportiert werden. Die linke Seite des Platzes ist für den Kamelmarkt vorgesehen, wo mehrere Herden mit Dromedaren stehen. Schon gleich, als wir auf die Kamele zugehen, werden wir von dem Touareg Bilal angesprochen, der mehrere Jahre in Deutschland gelebt hat und daher unsere Sprache gut beherrscht. Er ist mit Teilen seines Stammes in 37 Tagen aus dem Süden von Westsahara bis nach Guelmim gezogen, um ihre Kamele zu verkaufen oder gegen andere benötigte Waren einzutauschen. Bei einem Glas Tee, der für uns in einem kleinen Zelt auf glühender Holzkohle zubereitet wird, erzählt Bilal über das Leben der Nomaden und über die Probleme, die der seit Jahren ausbleibende Regen für die Touareg und ihre Tiere mit sich bringt. Nach einer unterhaltsamen Stunde präsentiert er eine Auswahl an verschiedenen Kunstgegenständen, die von den Familien seines Stammes in der Wüste gefunden oder selbst hergestellt wurden. Wir suchen uns einige besonders schöne Stücke aus, die nach kurzem Feilschen in unserem Rucksack landen und setzen unsere Runde durch den Tiermarkt fort. Nebenan gibt es am Souk Amhayrich einen weiteren großen Markt für allerlei Gegenstände von Kleidung über Plastikschüsseln und Werkzeuge bis hin zu lebenden Hühnern, auf dem ein quirliger Betrieb herrscht. Besonders gefällt uns ein riesiger überdachter Bereich, in dem sämtliche lokale Sorten farbenfrohes Obst und Gemüse angeboten werden. Bei dem frischen und leckeren Aussehen der Ware ist es beinahe schade, dass wir im Augenblick nichts brauchen.
Nach insgesamt zwei Stunden holt uns das Taxi pünktlich am Eingang des Marktes wieder ab und bringt uns zu einem Fischrestaurant, das von Mohammed empfohlen wurde. Wir sind aber noch zu früh, Mittagessen gibt es erst in einer halben Stunde, sodass wir uns gleich zum Campingplatz zurückfahren lassen und uns dort die Reste des Couscous von gestern aufwärmen.
Nachdem wir uns von Mohammed, dem überaus herzlichen Gastgeber in Tighmert verabschiedet haben, fahren wir am Sonntag auf direktem Weg nach Tiznit und dort auf den Campingplatz Tinbar direkt an der Stadtmauer. Schon bei der Ankunft wird uns mitgeteilt, dass wir nur eine einzige Nacht bleiben dürfen, weil der Platz ab morgen bis September geschlossen wird. Es kämen zu wenige Gäste, sodass es sich für die Betreiber nicht lohnt, die nächsten Monate geöffnet zu bleiben. Nachdem wir auf einen der vielen freien Plätze gefahren sind, lässt sich plötzlich der Motor des Vagabund nicht mehr starten, es scheint sich das gleiche Problem zu wiederholen, das wir schon 2022 in Marokko hatten. Damals war es eine defekte Batterie, wir werden das in einer Iveco Werkstatt in Agadir in den nächsten Tagen prüfen lassen. Da die Batterie zum Glück über unsere Solaranlage ständig geladen wird, erholt sie sich nach einiger Zeit, sodass wir ja grundsätzlich mobil bleiben. Wir nutzen den Nachmittag für einen Bummel durch Tiznit mit seinen netten lebendigen Gassen und Märkten, da würden wir gerne noch einen ganzen Tag daran hängen. Im Restaurant À l'Ombre du Figuier, das wir tief versteckt im Labyrinth der Medina von Tiznit nur mit Hilfe von Google Maps finden, haben wir ein phantastisches Abendessen. Wir sitzen in einem schön gestalteten Innenhof unter einem großen Feigenbaum, werden von dem fröhlichen Gastwirt aufmerksam bedient und genießen die sehr geschmackvollen Salate und das Hähnchen Ras el Hanout.
Am Montag, 12. Mai, springt der Vagabund ohne Schwierigkeiten an und wir fahren nur wenige Kilometer nach Ouijjane zu einem wahren Paradies, das von Valerie, der sehr aufmerksamen Besitzerin geführt wird. Hier, im Bivouac Sous Les Palmiers Bleus, stehen wir wieder einmal unter hohen Palmen ganz in der Nähe eines kleinen, gepflegten Swimmingpools, den wir am Nachmittag ausgiebig nutzen. Zum Mittagessen am Dienstag bereitet Rahdija, die Köchin von Valerie, ein so wunderbares Ssfa a la Poulette zu, dass wir das zuhause unbedingt nachkochen wollen. Danach gibt es einen traumhaften, halb gefrorenen Käsekuchen mit Mango, einfach nur köstlich. Das alles wird unter uralten Olivenbäumen serviert, deren Öl als Vorspeise mit frischem Fladenbrot herrlich schmeckt. Um die vielen gerade zugenommenen Kalorien wieder los zu werden, wandern wir am Nachmittag durch die schöne Palmenoase zum Nachbardorf, wo es nach der Aussage von Valerie eine unterirdische Quelle gibt, die den ganzen Bezirk um Ouijjane mit Wasser versorgt. Wir müssen eine Zeit lang suchen, bis wir den Eingang zur Quelle hinter der Moschee entdecken, und gelangen über eine steile Treppe zum Gewölbe, das etwa fünfzig Zentimeter tief mit klarem Wasser gefüllt ist. Das Wasser animiert in dieser schattigen Grotte nicht wirklich zum Baden, doch dafür haben wir ja den Pool am Campingplatz.
Den Mittwoch möchten wir nutzen, um die Stadt Tiznit etwas besser kennenzulernen, dort mussten wir vorgestern ja vorzeitig abreisen, weil der Campingplatz schließen wollte. Für die Fahrt nach Tiznit nehmen wir kurz nach neun den Linienbus, der ungefähr alle zwei Stunden durch Ouijjane fährt. Hassan, der sich auf dem Campingplatz wie selbstverständlich um alle Gäste kümmert, begleitet uns vor zur Straße. Dann holt er sogar noch zwei Stühle, damit wir die Wartezeit nicht stehend verbringen müssen und weist darauf hin, dass wir für die Rückfahrt die Linie Nummer sechs nehmen müssen, dann kämen wir automatisch wieder hierher. Wir fahren bis zur Endstation, die sehr nahe an der von einer langen Stadtmauer umgebenen Medina von Tiznit liegt. Bevor wir uns zu Fuß auf den Weg machen, fragen wir den Busfahrer nach den Abfahrtszeiten für die Rückfahrt nach Ouijjane, worauf er uns diese auf einem Stück abgerissenen Karton notiert, so haben wir jetzt unseren eigenen schriftlichen Fahrplan. Wir ziehen durch die Gassen der Stadt, besichtigen die Kasbah Aghanaj mit dem interessanten Frischwasserbrunnen und entdecken verschiedene Märkte, darunter den großen Souk Bijou, in dem es eine Vielzahl an Geschäften mit traditionellen Schmuckstücken aus Gold und Silber gibt. Zum Mittagessen gehen wir noch einmal ins Restaurant À l'Ombre du Figuier, wo wir wieder sehr gut verköstigt werden. Auf einem Markt erstehen wir ein großes Glas Orangenblütenhonig und fahren am Nachmittag mit dem Bus wieder zurück zum Campingplatz.
Die Weiterfahrt am Donnerstag unterbrechen wir bei der Iveco Niederlassung in Agadir, um zur Sicherheit nach der Batterie des Vagabund sehen zu lassen, auch wenn unser Problem vom Sonntag bisher nicht wieder aufgetreten ist. Und hier erleben wir ein Musterbeispiel marokkanischen Services. Obwohl es gerade kurz vor der Mittagspause ist und wir natürlich keinen Termin haben, werden wir sofort freundlich empfangen und können die Angelegenheit einem englisch sprechenden Mitarbeiter erklären. Wir werden gebeten, in die Halle zu fahren, wo sich ein Techniker gleich darum kümmert und recht schnell andere Fehler als die Batterie ausschließen kann. Zur Entscheidung, wie weiter verfahren wird, müssen wir jetzt allerdings auf den Chef warten, der in etwa eineinhalb Stunden von einem anderen Kunden zurück sein wird. Sie versichern uns immer wieder, wir könnten beruhigt sein, sie werden bestimmt eine Lösung finden. Bis dahin kann der Vagabund in der Halle stehen bleiben und wir können ihn ganz normal nutzen. Als der Chef dann da ist, bestätigt er sehr schnell, dass die Batterie ausgetauscht werden soll und fragt das Ersatzteil telefonisch bei einem anderen Händler an. Während wir auf die Antwort dieses Händlers warten, kommt der Chef plötzlich zu uns und fragt, ob wir etwas zu essen wollten. Völlig überrascht sagen wir ja und sind sehr gespannt, was uns jetzt wohl erwartet. In einer Ecke der Werkstatt steht auf einem niedrigen Brett eine Tajine. Daneben liegen einige frisch vom Bäcker geholte Fladenbrote, mit denen wir nun gemeinsam zu sechst das sehr leckere Gericht aus der Schale essen. Dabei lernen wir recht schnell, wie man die Brotstücke richtig nutzen kann, um damit Gemüse und Fleisch zu greifen. Wie selbstverständlich gibt es danach noch frische Melone, bevor alle wieder an die Arbeit gehen. Inzwischen ist die Bestätigung da, dass die benötigte Batterie beim Händler vorrätig ist, sodass der Chef und Jürgen sich auf den Weg quer durch Agadir machen, um das begehrte Stück zu kaufen. Die Batterie wird nämlich formal direkt von uns, dem Kunden gekauft und von Iveco nur eingebaut. Das geht im Anschluss sehr schnell und wir können am Nachmittag unsere Fahrt nach Taghazout fortsetzen. Leider haben die eifrigen Mitarbeiter der Werkstatt die alte Batterie schon frühzeitig abgeklemmt, wodurch unser Radio seinen Entsperrcode vergessen hat und diesen nach dem Start des Motors neu einfordert. Wir haben den Code nicht dabei und auch die Werkstatt kann uns bei diesem Problem nicht weiterhelfen, sodass wir für den Rest der Reise ohne Radio unterwegs sein müssen. In Marokko spielt das natürlich keine Rolle, da wir die angebotenen Programme ohnehin nicht hören wollen.
Der Campingplatz Terre d'Océan bei Taghazout liegt mit einer phantastischen Aussicht auf das Meer hoch über der Steilküste, erlaubt aber keinen einfachen Zugang zum endlos langen Sandstrand, sodass wir schon nach einer Nacht am Freitag weiter nach Sidi Kaouki fahren.
Die Strecke führt heute am intensiv türkis leuchtenden Atlantik entlang, biegt immer wieder von der Küste ab und schlängelt sich durch die Ausläufer des Hohen Atlas, wodurch wir unterwegs viel Abwechslung haben. Bei der Kleinstadt Tamri kommen wir durch große Plantagen mit Bananen, die es hier entlang der Straße überall zu kaufen gibt. In Tamri können wir gut am Straßenrand parken und kaufen frisches Obst, Gemüse und natürlich auch lokale Bananen. Weiter geht es durch eine sehenswerte Landschaft bis nach Sidi Kaouki, wo wir uns wie schon 2022 auf den Camping Soleil stellen, von wo aus wir schnell zum Strand kommen und von wo wir morgen mit dem Bus nach Essaouira fahren wollen.
Am Samstagvormittag sind wir gerade auf dem Weg zur Bushaltestelle, als ein beinahe voll besetzter Ford Transit ankommt, dessen Fahrer uns fragt, ob wir mit nach Essaouira wollen. Der Beifahrer steigt sofort aus und überlässt uns die Vordersitze. So kommen wir für zwanzig Dirham schnell und bequem in die Stadtmitte von Essaouira, wo wir durch eines der Tore gleich in die Medina gehen, für die die Stadt zu Recht so beliebt ist. Wir schlendern gemütlich durch die farbenfrohen Gassen mit ihren unzähligen Marktständen, trinken hier einen Kaffee, kaufen dort Kleidungsstücke und Souvenirs und gelangen am späten Vormittag zum Hafen und Fischmarkt, auf dem ein lebhafter Betrieb herrscht. Fisch wird auf LKWs geladen, um in die Städte Marokkos gefahren zu werden und an vielen Ständen direkt zum Verkauf angeboten. Die frisch erworbenen Fische kann man sich an einem bereitstehenden Grill zubereiten und mit Salat und Brot servieren lassen. Die Fische und die anderen Meerestiere sehen allesamt so lecker, dass wir uns nicht entscheiden können und daher die Auswahl dem Koch überlassen. Er grillt uns zwei große Brassen, einige Sardinen, Tintenfisch und eine große Menge Garnelen, die allesamt hervorragend schmecken und dieses Mittagessen zu einem ganz besonderen Erlebnis machen, viel frischer kann man Fisch nicht bekommen. Danach bummeln wir noch eine Weile über die bunten Märkte, Jürgen geht wie schon beim letzten Mal zum Friseur, bevor wir mit dem Taxi wieder zurück zum Campingplatz fahren. Das ist mit 200 Dirham viel teurer als der Kleinbus am Morgen, geht dafür aber auch deutlich schneller.
Nach einem entspannten Sonntag am Strand der Atlantikküste fahren wir am Montag, den 19. Mai von Sidi Kaouki nach Marrakesch, wo wir wieder den großen Campingplatz Relais de Marrakech nutzen. Die Fahrt ist recht eintönig, wird aber in der Nähe der Stadt bei zunehmend chaotischem Verkehr immer anspruchsvoller.
Von der schönen Anlage des Campingplatzes lassen wir uns am Dienstagmorgen mit einem Shuttle zum Jemaa el Fna, dem zentralen Platz der Medina von Marrakesch, bringen. Es ist zwar auch jetzt am Vormittag schon einiges los, doch kommen die Schlangenbeschwörer und Feuerschlucker erst viel später zum Einbruch der Dunkelheit. Vom Jemaa el Fna suchen wir uns den Weg durch die vielfältigen Souks von Marrakesch, die im Vergleich zu den anderen Märkten, die wir bisher auf unserer Reise besucht haben, eindeutig auf die Bedürfnisse und Erwartungen von Touristen ausgerichtet sind. Im Souk Semmarine gibt es eine nicht enden wollende Auswahl an Textilien, Teppichen und Kunsthandwerk, die oft nichts mit Marrakesch zu tun haben, aber immer wieder gerne als Souvenir gekauft werden. Tief im Labyrinth der Gassen spricht uns ein Einheimischer an und empfiehlt uns ins Gerberviertel zu gehen, dort würden heute die Berber aus dem Atlasgebirge ihre Felle bearbeiten. Zum einen würden die Häute mit rein natürlichen Mitteln zu weichem Leder verarbeitet, zum anderen würden aber auch die Tierhaare, die bei der Lederherstellung anfallen, gesammelt und später zu Wolle gesponnen. Das klingt erst einmal interessant, wir lassen uns den Weg beschreiben und machen uns auf die Suche. Eigentlich sollte es immer geradeaus durch den Souk Jeld gehen, dann links, dann rechts und schon sollten wir da sein. Wir kommen durch enge Gassen, in denen durch viele Mopeds und Eselskarren das reine Chaos herrscht, sind aber irgendwann nicht mehr sicher, auf dem richtigen Weg zu sein. Zufällig treffen wir unterwegs den netten Typen von vorher wieder, worauf er sich sein Moped schnappt und es vor uns her schiebt, wir müssten ihm nur folgen. Auch jetzt geht es noch ziemlich lange weiter bis wir endlich im Dar Dbagh, dem sehr ursprünglichen Gerberviertel von Marrakesch ankommen, wo sich der junge Mann freundlich von uns verabschiedet. Vorher begrüßt er mit uns einen Führer, der uns nun die Gerberei und die Färberei zeigt. Was für ein Unterschied zu Fes, wo die Betriebe ordentlich und aufgeräumt wirken, sogar eine Aussichtsplattform für die Besucher bieten, während wir hier mitten durch ein anscheinend kunterbuntes Gemisch verschiedener Bäder und Bearbeitungsstationen tapsen. Nichts ist für Touristen aufgehübscht oder inszeniert, wir erleben hautnah, mit welch einfachen Mitteln und schwerer Arbeit die Berber ihre feinen Leder herstellen. Selbstverständlich werden wir im Anschluss an die Besichtigung in ein Geschäft mit Lederwaren aus eigener Produktion geführt, es wird aber ohne weiteres akzeptiert, dass wir nichts kaufen möchten. Nun müssen wir nur noch zurückfinden. Mehrmals verlieren wir beinahe die Orientierung, werden aber immer wieder von freundlichen Einheimischen in die richtige Richtung geschickt, sodass wir am Ende tatsächlich den Jemaa el Fna erreichen. Da wir inzwischen hungrig sind, wollen wir am liebsten wieder in das Restaurant Dar Cherifa, das wir von unserem letzten Besuch in bester Erinnerung haben. Erst versuchen wir, den Weg vom Jemaa el Fna dorthin aus dem Gedächtnis wieder zu finden, erkennen aber überhaupt nichts, was uns bekannt vorkommt und nutzen am Ende doch Google Maps, das uns zuverlässig durch die engen Gassen führt. Das Dar Cherifa befindet sich im ältesten Gebäude der Medina von Marrakesch und bietet in seinem wunderschönen Innenhof eine Stimmung wie aus 1001 Nacht. Das sehr leckere Essen, heute gibt es eine Berbersuppe, Ssfa a la Poulette und eine Pastilla mit Hühnchen, macht unseren Besuch hier wieder zu etwas ganz Besonderem. Nach dem tollen Mittagessen erkunden wir noch ein wenig den modernen Teil von Marrakesch, wo es grüne Parkanlagen und exklusive Kaufhäuser gibt, wie in fast jeder anderen Millionenstadt der Welt. Bei Starbucks erstehen wir weitere Tassen für unsere Sammlung und lassen uns dann von einem kleinen Taxi wieder zurück zum Campingplatz fahren.
Am Abend checken wir, welche Route uns in den verbleibenden zwei Wochen am besten in Richtung Tanger bringt und entscheiden uns dafür, noch einmal an den Atlantik zu fahren und damit der Hitze südlich des Großen Atlas zu entgehen. Dort sollen die Temperaturen nämlich bald in Richtung 40°C ansteigen. So kommt es, dass wir am Mittwoch, den 21. Mai wieder in die Region Essaouira fahren, wo wir knapp fünfzig Kilometer nördlich der Stadt auf dem kleinen Camp Mogador's Oasis sehr nahe am Strand einen schönen Platz finden. Hier machen wir lange Spaziergänge auf dem flachen Sandstrand, der bei Ebbe mehrere hundert Meter breit ist, während das Wasser bei Flut bis an die zerklüfteten Felsen brandet und ein Durchkommen nur erlaubt, wenn wir bereit sind, ordentlich nass zu werden. Dabei haben wir richtig viel Spaß. Am Freitag genießen wir eine sehr leckere Chicken Lemon Tajine, die im Wohnmobil serviert wird und fahren am Samstag fast immer der Küste entlang weiter nach Norden bis kurz hinter Oualidia.
Dort verlässt uns das Navi, das die kleinen Staubwege zum Campingplatz nicht kennt und behauptet einfach auf der Hauptstraße, wir hätten unser Ziel erreicht. Zum Glück gibt es Google Maps, das uns auch hier zuverlässig weiterhilft. Mrizika Beach ist ein sehr kleiner, sehr einfacher Campingplatz, der direkt an einer zwanzig Meter hohen, goldfarbenen Sanddüne liegt, hinter der der Atlantik an den endlosen Strand brandet.